Im Osten viel Neues?

war eine deutsch-polnische Tagung überschrieben – den Titel des Buches von E.M. Remarque aufgreifend und abwandelnd -, die am 10. Und 11. April 2015 in der csm_Golm_915dc2ed2eJugendbegegnungsstätte Golm des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern und Politische Memoriale stattfand.

Der Versailler Vertrag, der das Ende des Ersten Weltkriegs prägte, brachte eine Zeitenwende und zugleich die Neuordnung auf dem europäischen Kontinent. Mit der Tagung wurde am Beispiel der Wiedergeburt der Zweiten Polnischen Republik untersucht, welche Auswirkungen der Versailler Vertrag auf die Region Ostmitteleuropa im frühen 20. Jahrhundert hatte.

In seinem Eröffnungsbeitrag ging Professor Jan Piskorski auf die Gewaltgeschichte Europas seit dem Ende des 19. Und des 20. Jahrhunderts, insbesondere auf die Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Den Kriegen, Konflikten und Vertreibungen lagen quer durch Europa ganz ähnliche Muster zugrunde: Es ging um Nationalstaatlichkeit und um nationale Homogenisierung, um ethnische Säuberungen, um die Ausgrenzung und Eliminierung von Minderheiten und Unangepassten. Religiöse und ethnische Homogenität galten seit dem 19. Jahrhundert als Schritte auf dem Weg zu einem „modernen“ Staat, so Professor Piskorski.

In dem Beitrag von Frau Dr. Grzywacz ging es um den Posener Aufstand von 1919 in der preußischen Provinz Posen durch polnische Einwohner, in dessen Ergebnis die mehrheitlich polnischsprachige Provinz zu Großpolen und damit zum neuentstandenen 2. Polnischen Republik kam.
Frau Dr. Woniak sprach über das Ende des 1. Weltkrieges aus polnischer Perspektive. Präsident Wilson hatte in seinem 14 Punkteprogramm die Neugründung eines polnischen Staates auf die Tagesordnung gesetzt und im Versailler Vertrag wurde es dann so festgelegt. Katarzyna Woniak sprach im weiteren über die Schwierigkeiten des Zusammenwachsens der drei polnischen Teile, da unter russischer, preußischer bzw. österreichischer Herrschaft sich Mentalitäten und Weltsicht der jeweiligen polnischen Bevölkerung sehr voneinander unterschieden.
Die Weimarer Republik, die den in Paris ausgearbeiteten Friedensvertrag als das Versailler Diktat bezeichnete, konnte sich nur schwer mit der Neuentstehung Polens abfinden und der beträchtliche Gebietsverlust war schmerzlichP1010570. In seinem Beitrag ging Jonas Grygier auf die wechselnden Phasen von Annäherung und Distanz bis Misstrauen zwischen Deutschland und Polen in der Zwischenkriegszeit ein.
Die Konflikte um den neuentstandenen Grenzverlauf in Folge der Teilung Oberschlesiens an Hand biografischen Materials war das Thema des Vortrags von Dr. Rüdiger Ritter.
In der abschließenden Podiumsdiskussion gingen die Referenten_innen auf offene Fragen der Teilnehmenden ein und kamen gemeinsam zu dem Fazit, das diese Form des deutsch-polnischen Austausches fortgesetzt werden soll.