Ein Buchprojekt zum Flugzeugabsturz 1986

Der Absturz des Aeroflot-Fluges 892 mitten im Dezember 1986 mit 72 Toten und zehn Überlebenden ist bis heute das zweitschwerste Flugzeugunglück auf deutschem Boden. Besonders betroffen war die Stadt Schwerin, denn eine Schulklasse aus dem Stadtteil „Großer Dreesch“ war mit an Bord. Die Klasse 10A der Ernst-Schneller-Schule (heute Nils-Holgersson-Schule) gab es nach dem Flugzeugabsturz so nicht mehr. 20 Schüler, ihre Klassenleiterin und zwei Betreuer starben, nur sieben Kinder überlebten schwerverletzt.

Der tragische Unfall war 1986 für die politisch Verantwortlichen in der DDR eine hochpolitische Angelegenheit, denn sie befürchteten antisowjetische Reaktionen aus einer emotional aufgewühlten Bevölkerung, insbesondere in Schwerin. Das Jahr 1986 war bereits gefüllt mit sowjetischen Unfällen: die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im April, der Untergang einer Schwarzmeer-Fähre mit hunderten Todesopfern im Sommer, der Absturz einer anderen TU-134-Maschine mit dem mosambikanischen Präsidenten an Bord im Oktober. Und erst zwei Jahre zuvor war direkt neben den Wohnungen der in Schwerin betroffenen Familien in der Ludwigsluster Chaussee ein sowjetisches Munitionslager explodiert.

Schon bevor die staatlichen Beileidstelegramme bei den Eltern angekommen waren, hatten Mitarbeiter der Stasi bereits an alle Kaderakten der betroffenen Eltern in den Schweriner Betrieben durchsucht. Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht einmal alle Opfer des Absturzes identifiziert. Über alle Elternteile wurden Gefährdungsprofile erstellt, mit genauen Einschätzungen, wer sich eventuell antisowjetisch äußern könnte.

Auch wenn auf der einen Seite staatliche Verwaltungen der DDR und ihre Mitarbeiter/-innen mit großem persönlichen Einsatz die betroffenen Angehörigen praktisch und menschlich unterstützten, bleibt auf der anderen Seite ein fader Nachgeschmack dieser staatlichen Hilfe. Ziel des Staates war es primär, die Trauer der Angehörigen so zu steuern und zu kontrollieren, dass kein schlechtes Licht auf die DDR und die führenden Genossen fällt.